Licht und Kraft aus Unkelmühle
Was heute eine Pilotanlage an der Sieg ist und den Fischen den langen Weg flussaufwärts und –abwärts erleichtern soll, war zu Beginn der zwanziger Jahre der Stromlieferant für den damaligen Kreis Waldbröl und mit der Geschichte der Elektrifizierung des Kreises aufs Engste verbunden. Als der damalige Landrat Eichhorn (sic) in der „Waldbröler Zeitung“ im Juli 1923 seine Bekanntmachung (Bild 1 am Textende) veröffentlichte, war dies der Startschuss für ein Modernisierungskapitel der besonderen Art. Und mancher aus der Großelterngeneration mag sich an die damit verbundene Revolution bis hinein ins Anekdotische noch erinnern.
Der Strom kam von Unkelmühle, das seit 1932 und der damaligen Kreisreform nicht mehr zum Oberbergischen, sondern zum Siegkreis gehört und in den Besitz der RWE übergegangen ist..
Die ausgesprochenen Warnungen waren berechtigt, wie allerhand Unfälle in den kommenden Jahren beweisen sollten. Sie betrafen das Netz der Hochspannungsleitungen, die Transformatorenhäuschen und die nicht immer sachgemäß vorgenommenen Verkabelungen bis hinein in die Wohnungen und Betriebsstätten. Aber dass nun Licht und Kraft auch im Südkreis fast überall zur Verfügung standen, markierte eine Wende der besonderen Art. Man vergegenwärtige sich die Zeitverhältnisse . Wir befinden uns in einer hochdramatischen Zeit der Weimarer Republik: Versailles ist unvergessen, die Inflation ist noch nicht zu Ende, die Kohlenlieferungen, von denen in vielen wasserlosen Regionen die Stromerzeugung immer noch abhing, waren durch die gewaltsame Ruhrbesetzung und Kohleverknappung immer wieder gefährdet und das bis dahin Teile des Ortes beliefernde Kraftwerk der Prov. Erziehungsanstalt als Nachfolger der Heil- und Pflegeanstalt inserierte schon im Januar neue Preise für Licht- und Kraftstrom unter dem gültigen Dollarstand des Tages. (Bild 2 am Textende). Darin lag wohl auch beschlossen, daß die Leistungsfähiglkeit der Anlagen , die bis dahin Teile des Ortes mit Strom versorgt hatten, für eine Belieferung der Außenortschaften und eine Gesamtversorgung nicht länger infrage kamen. Schon vor dem Krieg war intensiv , aber ohne Erfolg über einen Anschluß an das Kreiselektrizitätswerk (KEW) in Dieringhausen nachgedacht worden. (vgl. WZ vom Juni 1910),Viele kleine Genossenschaften hatten sich inzwischen um eigene Lösungen bemüht. Doch nun begann ein neues Kapitel.
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Peter Ruland hat die Geschichte der Elektrifizierung des Oberbergischen in Band 9 und in Band 10 (2010) der „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ ausführlich dargestellt und 2014 (in Band 11) auch den Wasserwirtschaftsplan für die Agger mit dem Bau der Aggertalsperre[1] und der Laufwasserwerke an der Agger einbezogen.. Er resümiert nach Darstellung der einerseits verspäteten, andererseits vorgreifenden dramatischen Entwicklung im Südkreis, die am Ende der Weimarer Republik durchweg noch nicht ihr Ende gefunden hatte und noch weitere Kapitel enthielt[2] :
„…Ab August 1923 floss der erste elektrische Strom in alle Teile des Kreises Waldbröl. Dieser noch nie gekannte Fortschritt, der den Kienspan und die Petroleumlampe überflüssig werden ließ, die Arbeiten des Landwirtes in Stall und Scheune beschleunigte, den Handwerker durch den Elektromotor schneller und wirtschaftlicher arbeiten ließ und der die modernste Errungenschaft, den Radioempfang, ermöglichte, wurde von den Menschen begeistert aufgenommen. Dies lässt ein Bericht, der 1982 zum 60jährigen Jubiläum der EG Wies (bei Waldbröl) im Oberbergischen Anzeiger erschien, erahnen. »Auch wir wollten den elektrischen Strom im Wohnzimmer haben«, erinnerte sich Willi Engelberth. ein Gründungsgenosse der EG Wies, aus Herfen.[3])