Waldbröler Kirchspielgrenzen –nur ein Stück Vergangenheit ?

Beschreibung der Anfänge des Kirchspiels Waldbröl als Teil der Reichsherrschaft Homburg vor der Mark (bis 1604 )

 

Das Kirchspiel Waldbröl ist erst im Zuge der Verkaufsverhandlungen zwischen dem Herzogtum Berg und der Reichsherrschaft Homburg, die nach Sayn-Wittgenstein gehörte, im Jahr 1604 nach einem vorangehenden mehr als hundertjährigen Streit bergisch geworden.

Als wichtigste Quelle dient uns ein Dokument besonderer Art: die erhaltene homburgische Grenzumgehung von 1464, also das mehrfach, zuletzt von Lothar Wirths, Waldbröl transkribierte Grenzweistum von 1464.

Hier als erstes eine grobe Beschreibung dieser Grenzumgehung um die Reichsherrschaft Homburg von 1664 und die Erläuterung seiner hist. Bedeutung.

 

Beschreibung (für heutige Leser)

Nach Einleitungsformeln und Datierung werden die Teilnehmer des Grenzumgangs genannt, die den Notar und Schreiber als Zeugen begleiten. Es heißt von ihnen, dass sie als Zeugen „lyfflichen gesunden lybes und vernunffftigen yrer synne und wytze“ teilhaftig . Es handelt sich um die „ehrbaren Leute“ der drei Kirchspiele im Land Homburg, als da sind Numbricht, Wiele und Walprulle, welche zugleich Leibeigene sind (gotzlehen) des wohlgeborenen Herrn Grafen Gerhard von Sayn und des Junkers Georg von Sayn, Graf zu Wittgenstein. Sie sind dort sesshaft und ca. 150 an der Zahl. Ferner begleiten den Notar Junker Arnold von Wiederstein und Junker Johan von Imhausen, welche die Leute ausgesucht und sie zur Wahrheit ihrer Aussagen verpflichtet haben. Also dass sie sagen, was ihnen über Grenzmarken (Laage) und den Verlauf der Grenze zu Mark, Blankenberg, Windeck und zum Eigen von Eckenhagen bekannt. Sie berieten sich anschliessend und bezeugten vor dem Notar die ihnen überkommene Überlieferung der eigenen Eltern und das eigene Wissen, dass nämlich das Schloss und Land Homburg den beiden genannten Herren von Sayn und Wittgenstein samt der dazugehörigen Herrschaftsrechte von alters her als Eigentum zukomme und die Grenze des Landes mit ihren „wenden und kehren“ wie danach benannt zu beschreiben sei. Es folgt der Grenzverlauf.

 

Dieser ist wesentlich genauer angegeben als im folgenden skizziert und bezieht allerlei damalige, heute allenfalls mit großer Mühe auffindbare Lokalitäten ein, etwa alte Grenzmarkierungen, Wege, Bäume, Bachläufe, Gerichtsplätze u.ä.

Wichtig für das folgende ist nun, dass der Verlauf der Grenze mehr als 100 Jahre später im Wesentlichen der in der Mercatorkarte 1575 eingezeichnete und erhaltene ist, so dass wir ihn hier mit deren Hilfe darstellen können.

Und es ist im Wesentlichen diese Grenze, die weitere Jahrzehnte später Gegenstand der Verkaufsverhandlungen zwischen Sayn und Berg 1604 wird, die samt den „strittigen Grenzen“, etwa im Hof Holpe, 1607 Niederschlag zunächst in der Mercatorkarte und später in der sog. Wayekarte und nach Abschluß der Verhandlungen in den Steinsetzungen von 1605 findet.

Diese Markierung ist heute noch in wesentlichen Teilen erhalten und in der Landschaft entlang den erhaltenen Steinen nachzuvollziehen.

Prof. Karl Heckmann hat in seiner Übertragung von 1939 (Geschichte der Reichsherrschaft 1939) auf den Umstand hingewiesen, dass die Grenzumgehung von 1464 während den lange folgenlosen Streitereien 1572 beim Reichskammergericht vorgelegt wurde als Teil einer saynischen Beschwerde über Windecker Grenzverletzungen. Wie diese aussahen, verrät das Dokument (damals HSTA Düsseldorf Grenzstreitigkeiten Nr,31 Fol. 58ff samt den Erwiderungen der Berger, dazu. Heckmann a.a.O. S. 3*ff.) und es bezieht auch die Streitgegenstände mit Wildenburg um die 10 Ackerhöfe ein, die später reguliert wurden.

Der Rundgang 1464 , den wir hier nur flüchtig nachzeichnen, beginnt in Drabenderhöhe, wo auch heute noch Stein Nr. 1 an der Kirche zu finden ist. Drabenderhöhe, heißt es, liege ganz im Homburgischen. Die Grenze (Laag) gehe von da bis zum Schlagbaum (Wartsbaum) Richtung Brächen,( es gab deren nach Ausweis der Mercatorkarte mehrere), über die Karrestatt Anhöhe, das Kirchengut von Wiehl, das ebenfalls ganz homburgisch, nach Wiehlmünden („Wiehlpul“), eine Strecke die Agger hoch bis Rebbelroth, über die dortigen Gunters Bäche im Schwenk bis Merkhausen, Freckhausen; zur heute noch in Resten vorhandenen Dornenhecke und nach Bieshausen, über Denklingen dann, wo bemerkenswerterweise „die Burg homburgisch“ sei, und über die Brüderstraße nach Schneppenhurt, Erdingen und Schönenbach weiter nach Friesenhagen.

Zur Abgrenzung des Eigen von Morsbach bemerken die Leute, das Eigen beginne in Zielenbach, gehe nach Wolfseifen und über Wallerhausen bis in die Nähe von Lichtenberg und schließlich im weiten Bogen über das auf der anderen Seite liegende Alzen wieder zurück nach Zielenbach.

 

Waldbröler Gemeindegrenzen

Das Kirchspiel Morsbach, so heißt es weiter, beginne hinter Steimelhagen, die Grenze verlaufe über Kohlberg und den Galgen nach Vierbuchen, wo das Kirchspiel Waldbröl beginne. Nahe Bettenhagen und Krahwinkel gehe es in Richtung Rommen, dann über die Westert nach Schönenbach bis ans homburgische Endewäldchen, über den Limbachseifen und Lindscheid die Homburger Bröl herauf bis Herfterath und zurück nach Drabenderhöhe..

 

Es fällt auf, dass die Grenzen des Kirchspiels Waldbröl nach Sayner Anspruch südlich Waldbröl deutlich andere sind als die heutigen. Sayn beanspruchte südlich von Waldbröl lange die sog. 14 Höfe, die ihm durch die Verhandlungen 1604 indes genommen wurden. So dass die heutigen Gemeindegrenzen, die im Süden bis nach Helzen reichen, diese Regelungen noch deutlich widerspiegeln.

 

Schluss der Urkunde

Anzufügen bleibt, was die Urkunde nach der Darstellung des Grenzverlaufs vermerkt. Sie stellt fest, dass die Zeugen die Niederschrift beeideten, unterzeichneten und versprachen, sie in die Zukunft hinein als rechtmäßig zu betrachten. Es folgt ihre Bitte um Abschriften der Urkunde und ein Hinweis auf Ort und Zeit der Niederschrift. Genannt werden der Rasenplatz unter dem „kleinen Homberge“, die Tageszeit und Umstände der Niederschrift. Genannt werden mit Namen auch die Zeugen aus den verschiedenen Ortschaften.

In einem Revers und mit seiner Notariatsmarke nennt sich in der Originalurkunde der Notar Johannes Siegfried von Flammersfeld aus dem Trierer Bistum, er bezeugt darin seine kaiserliche Funktion als Notar und Urheber der Niederschrift. (nur transkribiert bei Wirths , in einer Abschrift von 1792 und erwähnt in einem maschinenschriftl. Entwurf von Otto Kaufmann 1952, der i. Ü. auf Übertragungsfehler bei Heckmann hinweist, aber auch eigene enthält). Diese zu vermeiden bleibt bei dem Sprachabstand von 600 Jahren und dem oft schlechten Zustand der Manuskripte gelegentlich Wunsch.

 

Als Sprachprobe diene hier der Anfang aus dem Original in der Transkription von L. Wirths

 

„In dem namen des Heren amen kunt sy allen den ihenen die diet geenwortige uffenbare sehent hoerent ader lesent dat In den Jaren des selben heren Doy man schreiff nach Xpt() geburte dusent vierhundert vier Vnd Seessstzich….“

-Anmerkung : Die doppelte Klammer steht für ein Kürzel, das im Original entweder nach oben oder abwärts ging und für eine häufige Wortendung (s, en,em etc.) stand.

 

 

 



Weitere Literatur zum 16. Jh.: - Über die kirchlichen Verhältnisse in der Zeit der Reformation und der nachreformatorischen Zeit unterrichtet der Aufsatz von G. Corbach über die "Kirchlichen Verhältnisse im Oberbergischen in der 2. Hölfte des 16. Jahrhunderts, Erstabdruck 1967 , neu herausgegeben 2001 ,s. Literaturliste