So wie bereits die Brölbahnballade erkennen ließ, durchdringen sich Vergangenheit und Gegenwart auf anregende Weise. Es macht die Begegnung mit alten Texten und Bildern zum Vergnügen und hilft der Erkenntnis von Geschichte.

Kritik an der Baukultur der Stadt war in der jüngsten Vergangenheit und angesichts des weiter bestehenden Modernisierungszwangs Teil der Aktualität. Aber Kritik an dem Aussehen der Orte kam bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts im Kontext einer wieder aufgegriffenen Denkmalpflege  und Heimatschutzbewegung auf, die vor dem Weltkrieg begonnen hatte, als neue Materialien und Technik in die Orte einzogen. Bauberatung wurde ebenfalls ein Thema. Verschönerungsvereine gründeten sich.

Als Waldbröl erstmals 1927 Stadt werden wollte, schrieb ein Leser der VZ (Ausgabe 15.11.1927) sich den Frust von der Seele, auch in Sachen Verschönerung. Hier der Anfang des Leserbriefs :

 



Waldbröl muß Stadt werden !

Aus Waldbröl schrieb man uns: Bei der äußerst regen Bautätigkeit in Waldbröl, die auch für jeden Fremden augenfällig wird, muß man erkennen, dass Waldbröl im Aufstieg begriffen ist. Und dass der Gedanke der Gemeindevertretung bzw.- verwaltung: W a l d b r ö l m u ß S t a d t w e r d e n absolute Berechtigung hat. Dabei muß aber unseres Erachtens unbedingt darauf gehalten werden , dass ein B a u p l a n in städtebaulicher Hinsicht besteht, der dem Ortsbild eine breitere Form gibt. Diesem Gedanken ist an dieser Stelle mehrfach Ausdruck gegeben worden; aber bisher sieht man noch immer nicht, dass er Beachtung gefunden hat. Durch Parallelstraßen zur Kaiserstraße, deren Ausbau mit geringen Aufwendungen beiderseitig möglich ist , wäre den Forderungen zur Verbreiterung des Ortes gedient. Aber nicht nur an der Ortsanlage fehlt es, sondern es müsste auch unbedingt vermieden werden, dass Gebäude, die architektonisch in keiner Weise zueinander passen, das Ortsganze verunstalten. Es sollte nicht vorkommen, dass beispielsweise einem sehr schönen oberbergischen Hause, wie es das Wohnhaus des Direktors der Anstalt ist, [ später Gesundheitsamt gegenüber Aldi ] ein moderner kubischer Putzbau gegenübergestellt wird. Ähnliche Fälle lassen sich an anderen Stellen des öfteren nachweisen. Es dürfte von Seiten der Baupolizei darauf hingewirkt werden, dass Siedlungsgebäude auch auf Siedlungsgelände ihren Platz finden, und dass Schornsteine dem Ortsinnern möglichst ferngehalten werden. Überhaupt lässt Waldbröl architektonisch manches zu wünschen übrig. Im letzten Jahrzehnt ist eine große Anzahl von Bauten entstanden, die dem Charakter des oberbergischen Landes in keiner Weise Rechnung tragen, mithin unsern schönen oberbergischen Baustil nicht fördern. ….