Das Ende der Waldbröler Zeitung bzw./Neuen Waldbröler Zeitung im Januar 1934 

Der letzte der beiden Brüder, die den Zeitungsbetrieb der „Gebr. Flamm“ (Entstehung 1898)  nach dem 1891 eingetretenen Tod des Gründers geleitet hatten, war 1929 verstorben. Die Last des Betriebs lag nun wesentlich auf den Schultern der ältesten Tochter des Hermann Flamm. Sie übernahm, so ist der Überlieferung zu entnehmen, das Anzeigengeschäft und das Feuilleton, während A. Herbelsheimer die Schriftleitung hatte.[1] Die Firma hatte von der allgemein positiven wirtschaftlichen Entwicklung Ende der Zwanziger Jahre eine Weile profitiert und die Zeitung, die als „Intelligenzblatt“ und als Kreisblatt“ in der 2.Hälfte des 19. Jh. begonnen hatte, ab 1927 zur Tageszeitung gemacht. Die seit 1920 dreimal wöchentlich und ab 1926 zunächst viermal wöchentlich erschienene Zeitung hatte damit in rascher Folge den Gipfel ihrer Entwicklung erklommen. Was ihr in den folgenden Jahren bevorstand, war indes nicht weniger als der völlige Absturz  ins Nichts, der eng zusammen hing mit dem Aufstieg der NS-Presse überall in Deutschland. Wikipedia notiert dazu: Die Pressefreiheit wurde abgeschafft und die Medien in den Dienst des NS-Staates gestellt. Aus dem „Kontrolleur staatlichen Handelns“ wurde binnen kürzester Frist ein „Instrument im Dienst der staatlichen Propaganda“ und „ Insgesamt sank die Zahl der Tageszeitungen im NS-Staat von 4.702 im Jahr 1932 auf rund 2.500 im Jahr 1937 und weiter auf 977 im Oktober 1944. Ob die übriggebliebenen solche waren, die sich angepasst hatten, muss hier offen bleiben.

Auch das Waldbröler Blatt hatte eine Zeitlang versucht, sich bis ins letzte Jahr seines Bestehens anzupassen, In Anbetracht der eingetretenen Wende vergeblich. Da half auch die Umbenennung ab Mitte 1933 in „Neue Waldbröler Zeitung“ nicht. Das Blatt informierte zwar scheinbar im gewohnten Stil über die politischen Geschehnisse im Land, in der Hoffnung, maßgebliches Organ für die alte Kundschaft zu bleiben, Manche Leser des inzwischen aufgelösten Kreises waren inzwischen aber abgesprungen oder hatten das veränderte Angebot einer neuen Presselandschaft sich zu eigen gemacht. Sie hatten vielleicht verstanden, dass sich eine Kluft auftat zwischen dem traditionsreichen Heimatblatt für alle, das die Zeitung trotz ihrer Nähe zum politischen Katholizismus immer hatte sein wollen und der neu entstandenen NS Presse, die den Titel einer „Presse für alle“ noch  rigoroser für sich in Anspruch nahm. Verbunden damit waren Vorstellungen von einer staatlicher statt privatunternehmerischen Presse, die unter der Herausgeberschaft von Robert Ley vieles von der Konkurrenz anbiedernd übernahm , zugleich allem zur Verfügung stand, was nun anders sein sollte.

Den „Oberbergischen Boten (OB)“, der sich in der alten Presselandschaft als Kampforgan für den Nationalsozialismus verstanden hatte, gab es seit 1929. Unter dem rührigen Dr. Robert Ley und seinen Mitstreitern war es im nahen Brüchermühle zur Gründung eines eigenen Blattes gekommen. .In Waldbröl hatte man für die ersten Jahre einen Betrieb gefunden, der bis 1933 nicht nur dieses Blatt, sondern auch weitere NS-Zeitungen  herstellte. Dann wechselten Schriftleitung und Druck nach Gummersbach. Eine gefährliche Konkurrenz war das, trotz des Kotaus vor dem „Volkskanzler“, der das Land aus dem Sumpf einer Vergangenheit ziehen sollte, die mit Versailles begonnen hatte.

Der Rückblick und sog. Rechenschaftsbericht in der Abschiedsnummer am Anfang des Jahres 1934 enthielt nicht nur den Rückblick auf eine zurück liegende fast 100 jährige Geschichte und den Vorausblick auf den zukünftigen Wert der Zeitung als Geschichtsquelle, sondern er versuchte auch, die schwierige eigene Lage und die Nöte einer Redaktion zum Ausdruck zu bringen, die ihre Existenz in einer zwangvoll veränderten Presselandschaft nicht länger gewährleistet sah. Das Dilemma dürfte für viele Blätter damals ähnlich gewesen sein. Die Abschiedsworte der Redaktion verteidigten in einer mutigen Gratwanderung das Konzept einer jahrelangen politischen Neutralität als Notwendigkeit jeder lange Zeit unpolitischen ländlichen Presse und als Verpflichtung, einer verschieden zusammengesetzten Leserschaft gegenüber. Es mochte sich so auch erklären, dass eine das Nationale  betonende politische Einstellung von den Machern des Blattes trotz der politischen Neutrlität  durchaus geteilt wurde. So klingt es in dem um Zustimmung bemühten Abschiedsworten, die sich deutlich auch zu einer „nationalen Revolution“ bekennen, welche die Rettung bringen soll. Sichtbar wird, dass Umbruch und Gleichschaltung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens inzwischen auch in entfernten ländlichen Kreisen eingetreten waren. Auch hier regierte inzwischen die sanfte und zugleich massive Gewalt des Totalitären, der man sich weder wirtschaftlich noch politisch noch länger entgegen zu setzen vermochte. 

 

[1]  Budde ,O,, Das Dorf der Väter 1987 ,S. 64ff, sowie S.78ff