Alte Ortslagen in alter Sprache

 

Hier ist an Namen wie Bitze, Löh, Schlade usw.. gedacht. Sie gehen geläufig über die Zunge, begegnen auch anderswo in der Region und darüber hinaus, verstecken aber ihre ursprüngliche und lokale Bedeutung hartnäckig. Einigen gehen wir hier nach.

Bitze, Bitzenweg, Bitzentor etc., eine Ortslage nicht nur in der Stadt, sondern auch im

Umland als Flurname und im Übrigen nur mehr auf Katasterkarten verfolgbar. Wörterbücher und Interneteinträge verweisen auf das bereits im 10.Jh vorhandene Wort "bizune"   als Vorläufer,  mit den Bestandteilen bi als zwei und zune als zaun, verweisend auf einen doppelten Zaun bzw. zwei Zäune, welche die jenseits befindliche(n) Obstwiese(n) abschirmen sollten. Die Bitze lag also am Eingang des Ortes. Dass sie von Anfang an mit einem „Tor“ oder Durchlass verbunden war, ist nicht unmittelbar erkennbar. In Zeiten, wo Schweine im Ort in manchen Monaten freien Auslauf hatten und man den Ort mit einer Schweinemauer abschirmte, war es zweifellos sinnvoll, die vor dem Ort liegenden Streuobstwiesen u.ä. zu schützen.

 

Löh, am Löh, vor dem Löh etc. als Ortsname und Flurbezeichnung vorkommend mit einer Bedeutung, die auf ein frühes mhd. Substantiv für die Eichenlohe, damals ein starkes Neutrum, zurückgeht

[1]. „Das Löh“ wäre hier einzig angemessen, zumal die 1802/03 entstandene Rummelkarte der einst nahegelegenen Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt (vgl. Registerband der Ausgabe des BGV) den sächlichen Artikel mehrfach ausschreibt, wenn nicht in anderen Gegenden maskuline Formen vorkämen. Dass auch die Bedeutung sich veränderte in Richtung Wald, Holz, ja sogar nasses Sumpfland, muss hier nicht weiter verfolgt werden. Hinzukommt die früh belegte feminine Form für Lohe/loe, die Ch. Baufeld bereits neben der sächlichen obzwar mit Fragezeichen erwähnt.[2]

Der zusätzliche Hinweis auf die vor Ort und im Umland verbreiteten Eichenkämpe, wo Lohe für die ortsgeschichtlich wichtigen Gerbereien geschält wurde, könnte lokal genügen. Er verweist auf die im 19.Jh aufkommende Lederindustrie, die sich der Lohe so lange bediente, bis Importe von Guano einen Ersatz boten. Dass Lohe bereits vor dem Entstehen einer ortsansässigen Lederindustrie ein Exportartikel gewesen sein könnte, ist nicht auszuschließen, zumal umliegende Städte wie Köln, die bis in die Neuzeit zahlreiche Gerbereien besaßen, einen gewaltigen Bedarf hatten[3]. Seit wann die Lagebezeichnung vor Ort vorkommt, bleibt darum eine nicht uninteressante Nebenfrage.

 

Schlade. Eine auch im Oberbergischen oft vorkommende Flurbezeichnung. Vgl. Wikipedia erinnert im Artikel „Schlade (Bergisch-Gladbach)“ an die Bedeutung des alten Wortes : „Das Wort Schlade bedeutet Schlucht oder Talung“. Es sei damit auch die Bezeichnung für ein Trockental. Hierzu passt, wenn auf der Wayekarte von 1606 ein Seitenarm des Morsbaches die Bezeichnung trägt „In den 3 sladen“. Das führt uns insgesamt weiter als die aus Verlegenheit rührende Erläuterung zum hiesigen mundartlichen „In der Schlaa“ notiert als „Liegenschaftsbezeichnung“[4], es verschweigt nämlich das mhd. Ursprungswort slac , meist verkürzt sla in der Bedeutung von Schlag, Weg, Spur, Fährte vom Schlag des Pferdehufes[5]. Vgl. auch im Register der Gimbornkarte das Lemma des Flurnamens "schlan" in vielen Varianten.

 

Hardt, -hardt. Ein verbreiteter ON , aber auch Suffix und Flurname. Aus den bei Lexer für hart stm. angeführten mhd. Bedeutungen greife ich als relevant heraus Weidedrift, Wald wobei für die letztere Bedeutung hinzugefügt ist, es kämen alle drei Geschlechter vor. Dass hierzulande die Hardt üblich ist in vielen Varianten ist belegbar. Das Register der Gimbornkarte nennt über 30 Eintragungen, wobei maskuline und feminine Formen sich ablösen.

 

 

Am Frieschidt. So heißt auf der Karte des Arnold Mercator von 1575 eine Ortslage oberhalb Waldbröls auf dem Höhenrücken des Nutscheids. Sie heißt auf einer Urkatasterkartierung, dem Handriß der Gemeinde Waldbröl  von 1831 etwa, als Bezeichnung für die Flur XX in anderer und seitdem üblicher Form „Freiheit“. Die  hier gemeinte Flur und südliche Höhe  liegt unweit des Orts nahe den Wasserspeichern nahe dem höchsten Punkt von Ort und Gemeinde, aber auch des zugehörigen  Höhenzugs.

Diese Höhe und ihre Flur  spielten in der älteren Ortsgeschichte eine nicht zu übersehende Rolle, Nicht nur war sie vor dem Ersten Weltkrieg der Höhenlage wegen als Standort für einen dann nicht errichteten Bismarckturm vorgesehen, nicht nur steht dort an der Wegabkürzung in den Süden der Gemeinde heute ein Funkturm, auch war sie 1935 Anlass für die innerörtliche Bennenung einer Straße, heute „Freiheitweg“ genannt (ohne Genitiv-s ) , die in die Richtung der betreffenden Ortslage führt. Damals hieß es in einem Artikel über Neubennenungen von Straßen unter Punkt 9 , die „Freiheitstraße“ führe zu dem Gelände der „Freiheit“, nach „einer alten Waldbröler Flurbezeichnung“[1].

Der Hinweis auf das Alter muss  mit dem Hinweis auf Mercator 1585  allerdings eingeschränkt werden. Dass der Gang auf die Höhe einst auch ein beliebter Wanderweg war, kann man einigen Eintragungen in der  Ortsgeschichte von Budde[2] entnehmen.

 

Das Freischeid (Frieschidt), umgedeutet in „Frei-heit“  ist übrigens außer dem Bergnamen „Nutscheid“ in der hiesigen Gemeinde der bisher einzig bekannte  Beleg für eine Flur mit der Endung –scheid , die in anderen Teilen des Landes, im angrenzenden Siegkreis, wie auch sonst im Rheinischen Schiefergebirge, gehäuft als Ortsname vorkommt. Ob der sächliche oder männliche Artikel angemessen ist, ist ebenso fragwürdig wie die Artikelverwendung bei dem Höhenzug Nutscheid.Ob der Name Frieschidt, der auch in den Landleitungen des 16. Jh. vorkommt , sich auf ein altes Freigut (vgl. Freigericht) am Ort bezieht, ist nicht zu klären. 

 

[1] OB 11.12.1935

 

[2] Budde ,Otto: Waldbröl , wie wurde , was es ist , 1981 

 

[1] vgl. Matthias Lexer, Kleines mittelhochdeutsches Wörterbuch, 1956 26

[2] Christa Baufeld, Kleines frühneuhochdeutsches Wörterbuch 1996, S.162

[3] vgl. Adam Wrede, Neuer kölnischer Sprachschatz, Auflage 2010, u.a. S. 572 mit interessanten Wortgeschichten

[4] s. Döörper Platt 2008, S.82

[5] Lexer a.a.O. S.196, slage f.